Ist der Klimawandel noch zu stoppen?

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung der Menschheit seit Beginn der Neuzeit. Seine weitreichenden globalen Folgen für Umwelt, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft sind bereits heute spürbar. Wie ist die Lage und was können wir dagegen tun, um ihn zu stoppen?

„Wenn Sie wirklich glauben, dass die Umwelt weniger wichtig ist als die Wirtschaft, dann halten Sie einmal den Atem an, während Sie Ihr Geld zählen.“

Guy McPherson

Bevor wir tiefer in die Materie eintauchen, gleich zu Beginn die fünf Grundfakten zum Klimawandel von der empfehlenswerten Seite Klimafakten.de:

1) Der Klimawandel ist real, 2) Wir sind die Ursache, 3) Er ist gefährlich, 4) die Fachleute sind sich einig, 5) Wir können noch etwas tun.

Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen.

Der folgende Artikel wird sich mit den Ursachen des Klimawandels, verschiedenen Aspekten, und Lösungsvorschlägen aus der wissenschaftlichen Literatur beschäftigen. An diesen fünf Aussagen gibt es aber aus wissenschaftlicher Sicht nichts zu rütteln.

Die Industrielle Revolution als Startpunkt des Klimawandels

Seit Beginn der Industriellen Revolution vor 200 Jahren ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre um 50% angestiegen 1. Das ist der höchste Wert seit Mitte des Pliozäns vor 3 Millionen Jahren 2, als der Meeresspiegel 16 Meter höher lag als heute 3. Davor blieb der atmosphärische CO2-Pegel für rund 6.000 Jahre stabil bei 280 ppm (2,8% des Luftvolumens).

Abbildung 1: Kohlenstoffdioxid (CO2) Emissionen der 20 Hauptemittenten seit 1850. Zahlen in Milliarden Tonnen. Quelle CC BY-SA 4.0.

Mit einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um ca. 1,2 °C seit 1880 fällt auch die stärkste Erwärmung seit etwa 2.000 Jahren mit dem Beginn der Industriellen Revolution zusammen Die Nutzung fossiler Brennstoffe zum Antrieb von Dampfmaschinen revolutionierte die maschinelle Produktivität von Fabriken und ermöglichte eine nie dagewesene Mobilität durch Eisenbahnen und Automobile. Da bei ihrer Verbrennung Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid (CO2) entstehen, gelten sie neben der Abholzung von Wäldern zugunsten landwirtschaftlicher Nutzflächen als Hauptverursacher des Klimawandels (Abbildung 1).

Das sechste Artenmassensterben wurde eingeläutet

Diese vom Menschen verursachten Klimaveränderungen haben seither weitreichende Folgen für viele Tierarten mit sich gebracht.

Sowohl Temperaturschwankungen als auch der Verlust von Lebensräumen haben zum größten Massensterben von Arten seit 66 Millionen Jahren geführt, als 80 % aller Arten, einschließlich der Dinosaurier, ausstarben4. Allein in Nordamerika ging die Zahl der Vögel seit 1970 um 2,9 Milliarden zurück, was ungefähr 30% der ursprünglichen Gesamtpopulation entspricht 5 Jedes Jahr werden Millionen Hektar tropischer Regenwälder abgeholzt 6,7 und auch um unsere Korallenriffe, die artenreichsten Ökosysteme der Welt, ist es nicht gut bestellt. Sie beherbergen wahrscheinlich mehr als 25% aller Fischarten8,9 obwohl sie nur 0,1% des Meeresbodens bedecken und dienen als sensible Bioindikatoren für den Zustand das marinen Ökosystems. Sie dienen auch als Schutz vor Überschwemmungen und unterstützen die Fischerei- und Tourismusindustrie, von der 500 Millionen Menschen direkt abhängig sind. Ihr Wert wird auf 1 Trillionen USD geschätzt 10.

Abschmelzen der Polkappen und Versauerung der Ozeane

Weitere wichtige Folgen des Klimawandels sind das Abschmelzen von Gletschern und der Polkappen, wodurch der Meeresspiegel steigt und die Übersäuerung des Ozeans 11. Denn dieser absorbierte ungefähr ein Viertel der menschlichen CO2-Emissionen seit 1850 12, wodurch sich der durchschnittliche pH-Wert der Meeresoberfläche von 8,15 auf 8,05 reduzierte 13. Gebundenes CO2 aus der Luft reagiert im Wasser zu Kohlensäure (H2CO3). Diese zerfällt zu Bicarbonat (HCO3) und freien Wasserstoffionen (H+), welche für die Ansäuerung verantwortlich sind.

Die Erwärmung der Ozeane führt nicht nur zu einer Ausdehnung des Wassers und damit zu einem Anstieg des Meeresspiegels um 0,4 bis 1 m, sondern auch zu einer Verringerung der Aufnahmekapazität für CO2. Es ist daher unklar, ob die Ozeane weiterhin im selben Maße als CO2-Puffer dienen können wie bisher 14,15. Da die Einstellung des Gleichgewichtes von CO2 aus der Atmosphäre und dem Ozean mehre Tausend Jahre dauert, sind die Langzeitfolgen für das globale Klima schwer abzuschätzen 16.

Treibhauseffekt

Wahrscheinlich schon jedem bekannt, hier trotzdem als Gedankenstütze:

Die Sonnenstrahlung ist die Hauptenergiequelle für das Klima unseres Planeten. Trifft sie auf die Erdoberfläche, wird etwa die Hälfte absorbiert, die andere Hälfte reflektiert.

Durch Wolken, Partikel und Treibhausgase wie CO2, Methan (CH4) oder Lachgas (N2O) in der Atmosphäre wird deutlich weniger Sonnenstrahlung von der Erdoberfläche zurück ins Weltall reflektiert als ohne diesen Effekt. Die Moleküle absorbieren einen Teil der langwelligen Infrarotstrahlung und strahlen sie in alle Richtungen ab, auch zurück zur Erde. Dadurch wird mehr Sonnenenergie auf der Erde gespeichert und das Klima erwärmt sich (Abbildung 2).

Abbildung 2: Der Treibhauseffekt. Quelle: Redaktion Umwelt im Unterricht, Jonathan Gehlen / CC BY-NC 3.0 DE.

Der Treibhauseffekt ist natürlich, und ermöglichte überhaupt das Leben auf der Erde. Ohne ihn wäre die Durchschnittstemperatur bei -18 °C statt den heutigen 14 °C. Ungefähr 30-70% des Phänomens wird Wasserdampf, also den Wolken, beigemessen.

Problematisch wird das Ganze eben nur, wenn zu viele Treibhausgase durch fossile Brennstoffe (CO2), Kuhflatulenzen (Methan) oder Haarsprays (früher FCKW-haltig) in die Atmosphäre geblasen werden.

Das sogenannte Treibhauspotenzial wird immer bezogen auf die Masse an CO2 berechnet, welche dieselbe Energiemenge binden könnte. Angegeben wird es in CO2-Äquivalenten oder CO2-Eq. Je nach Organisation werden verschiedene Werte auf unterschiedliche Zeiträume bezogen verwendet.

Obwohl Methan mit 12 Jahren viel kürzer in der Atmosphäre verweilt als CO2 (bis zu 200 Jahre!), wird es für 30% der globalen Temperaturerwärmung seit der industriellen Revolution verantwortlich gemacht. Seit 1750 hat sich die Methankonzentration in der Atmosphäre um 160% erhöht. Da es in der Atmosphäre langsam in CO2 und Wasser zerfällt, kann es über einen Zeitraum von 20 Jahren über 80-mal mehr Energie absorbieren als CO2. Also ist eine Tonne Methan für das Klima so folgenreich wie 80 Tonnen CO2.

Im Jahre 2021 wurde von dem Umweltprogramm der Vereinigten Nationen (UNEP) der Global Methane Pledge (globale Methan Verpflichtung) ins Leben gerufen. Inzwischen von über 100 Ländern unterzeichnet, hat es die 30% Reduktion von Methanemissionen in den Jahren 2020-2030 zum Ziel, was die Erderwärmung bis 2050 um 0,2 °C mildern soll. Kritiker sehen die Maßnahmen als nicht ausreichend an, möchte man das 1,5 °C Ziel des Pariser Klimaabkommens erreichen.

Wie der Klimareport des Copernicus Climate Change Service zeigt, lag die Durchschnittstemperatur auf der Erde im Jahr 2023 bereits 1,48 °C über dem vorindustriellen Level von 1850 – 1900. Es war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung im Jahr 1850 und um 0,18 °C als das vorherige Rekordjahr 2016.

Somit ist es bereits jetzt extrem unwahrscheinlich, dass das 1,5 °C Ziel noch erreichbar ist.

Wie steht es um das Ozonloch?

Zusätzlich zu ihrem ungefähr 10.000-mal stärkeren Treibhauspotential als CO2, katalysieren Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs) in der oberen Atmosphäre die Reaktion von Ozon (O3) zu normalem Sauerstoff (O2), wenn sie durch die Sonnenstrahlung in radikalische (hoch reaktive, geladene) Chloratome zersetzt werden. Bei der natürlichen UV-C Absorption von Ozon zerfällt es zwar ebenfalls zu O2 + O, doch reagieren die Sauerstoffmoleküle in der Regel sofort wieder zu Ozon. Als Folge dünnt die Ozonschicht aus, vor allem über dem Südpol. Relevant ist das, weil die Ozonschicht auch schädliche UV-B Strahlung absorbiert, welche zu Mutationen von DNA (Strahlenschäden) führen kann.

Glücklicherweise erholt sich die Ozonschicht seit 20 Jahren, nachdem FCKWs im Zuge des Montrealer Protokolls 1987 im verboten wurden. In Deutschland sind sie seit 1995 gesetzlich verboten. Bevor ihr schädlicher Effekt auf die Umwelt bekannt war, wurden sie als Treibgase in Spraydosen oder als Kältemittel in Kühlanlagen verwendet.

Voraussichtlich wird sich das Ozonloch bis 2050 komplett schließen, falls sich alle Nationen weiterhin an das Verbot halten. Jedoch gibt es Hinweise darauf, dass dies nicht der Fall ist, da die atmosphärische FCKW-Konzentration zwischen 2010 und 2020 weiter anstieg 17.

Die Wärmepumpe Europas wird schwächer

Der auch als AMOC (Atlantic Meridional Overturning Circulation) bekannte Golfstrom sorgt für Warmwassertransport aus dem Golf von Mexiko und der Karibik in Richtung Europa. Dadurch erfreuen sich Bewohner der britischen Inseln und Norwegens einem milderen Klima als eigentlich für diese Breitenlage üblich.

Eine aktuelle Studie (2023) konnte nun zum ersten Mal auf Basis von seit 40 Jahren laufenden Messungen eine 4% Schwächung des Golfstromes feststellen 18. Jedoch ist nicht klar ob das normale Schwankungen oder Folgen des Klimawandels sind.

Die warmen Wassermassen des AMOC lösen mehr Salz und strömen an der Oberfläche in Richtung Norden. Dort kühlen sie ab, sinken aufgrund des Salzgehaltes zu Boden und bewegen sich wieder südwärts, wo sie erneut aufsteigen. Dieser Kreislauf wird durch das vom Klimawandel verursachte Gletscherschmelzen auf Grönland gestört, denn durch die Versüßung des Wassers sinkt seine Dichte und das Absinken wird verlangsamt.

Verwüstet die Landmasse?

Etwa 40% der Landfläche auf der Erde besteht aus Trockenflächen. Zwischen 1982 und 2015 wurden 6% davon durch nicht nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken und den anthropogene (menschengemachten) Klimawandel in Wüsten verwandelt, weitere 20% sind davon bedroht 19. Das entspricht 5,4 Millionen Quadratkilometern oder 765,3 Millionen Fußballfeldern oder ungefähr 2100 mal dem Saarland.

Obwohl letzterer Vergleich vielleicht nicht bei allen Leser*innen Mitleid erregen wird, sind die Zahlen bedenklich. Denn wie so oft stammen die meisten (93%) der 213 Millionen Betroffenen aus Entwicklungsländern wie Iraq, Syrien, Jordanien, Kazakhstan, Uzbekistan oder der Mongolei.

Positiv zu verzeichnen ist aber auch, dass ca. 40% der Trockenflächen, also 17,8 Millionen km2 in dem Beobachtungszeitraum seit 1982 deutlich grüner wurden. Hauptsächlich verantwortlich gemacht hierfür wird ironischerweise der Klimawandel. Höhere CO2-Mengen in der Atmosphäre begünstigen das Pflanzenwachstum 20. Im Zuge der Photosynthese stellen sie daraus zusammen mit Licht Glucose (Zucker), Sauerstoff und Wasser her. Die Sachlage ist also nicht so einfach, wie gedacht.

Bienen und Insektensterben

Vor Allem die Kunde des Bienensterbens machte in den letzten Jahren die Runde in den Medien 21. Möglicherweise befeuert durch das Zitat „Wenn die Bienen aussterben, hat der Mensch nur mehr vier Jahre zu leben.”, welches fälschlicherweise Albert Einstein angedichtet wird.

Tatsächlich haben Insektizide wie Glyphosat, eingeschleppte Milben, Viren, Inzucht, Befall durch parasitäre Pilze, Übernutzung von Ersatznahrung oder der Verlust von Lebensraum zu einem Rückgang von domestizierten Bienen geführt 22,23. Als Hauptbestäuber vieler Nutzpflanzen sind sie ein wichtiger Teil der Landwirtschaft.

Ungefähr 30% aller Nutzpflanzen (Obst, Gemüse und Getreide) sind komplett abhängig von Insektenbestäubung, während 60% theoretisch auch ohne auskommen, bei vergleichbaren Erträgen 24. Jedoch hat eine Studie gezeigt, dass sowohl die Erntemenge, als auch Qualität von Erdbeeren, Rapsöl, Buchweizen und Ackerbohnen durch Bestäuber deutlich gesteigert wird 25.

Obwohl Honigbienen die wirtschaftlich bedeutsamsten Bestäuber von Monokulturen sind 26, sind sie keineswegs die effizientesten. Gemeinsam mit vielen anderen

Abbildung 3: Die vielfältigen Ursachen für das Insektensterben. Abbildung aus der Studie von Wagner et al. (2021), Insect decline in the Anthropocene: Death by a thousand cuts.

Fluginsekten wie Motten, Schmetterlingen oder Schwebefliegen bestäuben sie den Großteil aller Wildpflanzen 27. Daher ist Insektensterben unzertrennlich mit dem Rückgang von Pflanzenarten. Weiterhin dienen sie als Nahrung für viele Tierarten.

Eine Besorgnis erregende Studie aus dem schönen Krefeld in Nordrhein-Westfalen dokumentierte den Rückgang von Fluginsekten um ganze 76% in den vergangenen 27 Jahren 28. Bezogen wurden diese Daten aus 63 Naturschutzgebieten.

Dirzo und Kollegen fassten 16 Studien zusammen und kamen zu dem Schluss, dass Käfer, Grashüpfer, Libellen und Schmetterlingpopulationen weltweit um 45% Prozent zurückgingen, allein in den letzten 40 Jahren 29.

Vergleichbare Studien zu Daten aus Europa und Nordamerika beschreiben den Rückgang von Landinsekten um ca. 1-2% pro Jahr, während aquatische Insektenvorkommen stabil blieben oder sogar um 1% pro Jahr zunahmen 30,31. Das Landinsektensterben war in Europa dabei am stärksten ausgeprägt.

Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. Als Haupttreiber sind sicherlich die Entwaldung, vor allem von Regenwäldern, Landwirtschaft, der Klimawandel, Nitrifizierung (zu starker Einsatz von Stickstoff-haltigen Düngern), und Luftverschmutzung zu sehen 32. Weitere Stressoren stellen die Verstädterung, Insektizide, Herbizide und Lichtverschmutzung dar (Abbildung 3).

Langzeitfolgen hiervon lassen sich nur schwierig bestimmen und die Datenlage ist ungenügend. Je nachdem, welche Ökosysteme betrachtet werden, sind die Folgen des Klimawandels auf Artenreichtum nicht bemerkbar bis dramatisch. Langfristig werden vor allem Freizeitforscher den Großteil der Daten liefern 32.

Eine Studie versuchte den Rückgang von Bestäubern in Ernteverluste umzurechnen. Die Autoren behaupteten weiterhin, dass bis zu 500.000 Menschen als Folge von ungenügender Bestäubung und daraus resultierendem Nahrungsmangel sterben würden 33.

Ökologische Mismatches – Wer zu spät kommt, verpasst die Beute

Abbildung 4: Ökologische Mismatches durch unterschiedlich starke Anpassungen an den Klimawandel.
Quelle: Thakur MP. (2020), Climate warming and trophic mismatches in terrestrial ecosystems: the green–brown imbalance hypothesis.

Da Tiere und Pflanzen nie isoliert nebeneinander koexistieren, sondern innerhalb von komplexen Ökosystemen miteinander interagieren oder voneinander abhängig sind, betrifft die Störung von A häufig auch B. Verschiedene Arten reagieren auf Temperaturschwankungen unterschiedlich stark hinsichtlich ihres Paarungs- oder Migrationsverhaltens. Daraus können zeitliche Asynchronitäten, sogenannte ökologische Mismatches, entstehen, die komplette Nahrungsketten bedrohen 34–36.

Spinnenorchideen, die nur von einer solitären Bienenart bestäubt werden, bekommen Probleme, wenn diese aufgrund des Klimawandels verspätet im Frühling aktiv werden 37. Die Folgen für die Bienen oder weniger spezialisierte Pflanzen sind weitaus weniger drastisch, da sie jeweils alternative Nahrungsquellen bzw. Bestäuber haben.

Ein weiteres Beispiel für ein gut dokumentiertes ökologisches Mismatch ist der Fall von Kohlmeißen in den Niederlanden, deren Nachkommen primär mit Raupen gefüttert werden 38,39. Aufgrund erhöhter Temperaturen erfolgt die Legezeit der Vögel im Frühjahr zu einem früheren Zeitpunkt, doch das Hauptvorkommen der schmackhaften Raupen hat sich noch stärker auf den Jahresanfang verschoben. Denn ihre Nahrung, junge Eichenblätter, sprossen ebenfalls verfrüht. Dadurch hatten Individuen der Kohlmeißen mit einem früheren Paarungsdrang einen Selektionsvorteil, den man über 25 Jahre beobachten konnte.

Das Pariser Klimaabkommen – nur gut gemeint?

Um dem Klimawandel den Kampf anzusagen, traf sich die die Weltgemeinschaft 2015 in Paris und einigte sich auf ein globales Klimaschutzabkommen.

Das revolutionäre daran waren zum einen die handfesten Ziele: ab 2050 soll global gesehen eine CO2-Neutralität erreicht werden, also weniger emittiert als von Wäldern oder anderen Senken gebunden werden kann 40. Zudem soll die Temperaturerhöhung auf „deutlich unter“ 2 °C beschränkt werden, mit „ernsthaften Bemühungen“ die Klimaerwärmung auf 1,5 °C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu deckeln.

Zum anderen haben sich alle Länder weltweit völkerrechtlich zum Klimaschutz verpflichtet, mit unterschiedlichen Zielen, die sie sich selbst setzen durften 41. Alle fünf Jahre müssen die Länder darüber berichten, ob sie ihre Ziele erreichten und sie gegebenfalls nach „größtmöglichem Ehrgeiz“ anpassen.

Drittens soll auch die Anpassungsfähigkeit an die Klimaveränderungen priorisiert werden und Geldflüsse in Einklang mit den oben genannten Zielen gebracht werden.

Erreicht hat die versprochenen CO2-Reduktion bisher keine der Industrienationen, denen eine wichtige Vorbildfunktion für Entwicklungsländer zuteilwird 42,43.

Und selbst wenn dies der Fall wäre, sind die bisher gesetzten nationalen Klimaschutzbeiträge (NDCs) viel zu niedrig angesetzt, um das ambitionierte 1,5 °C oder das 2 °C Klimaziel zu erreichen 44. Würden die aktuellen NDCs erreicht, würde sich die durchschnittliche Temperatur der Erde bis 2100 wohl trotzdem um 3 °C erhöhen 45. Um das 2-Grad-Ziel noch zu erreichen, müsste man Schätzungen zu Folge 80% weniger CO2 emittieren, als aktuell von den einzelnen Nationen angedacht ist 46.

Was können Wir tun?

Okay, die Lage könnte besser sein, das sollte inzwischen angekommen sein. Doch was kann man als Einzelperson unternehmen, um gegen den Klimawandel anzukämpfen?

1.) Öfter Mal auf Fleisch verzichten, dies ist ein echter Klimakiller.

Die Fleischproduktion produziert doppelt so viele Treibhausgase wie die Herstellung von pflanzlicher Nahrung. Laut der FAO rund 14,5% aller menschlich verursachten Treibhausgase weltweit 47.

Während der Anbau von pflanzlichen Nahrungsmitteln etwa 30% der Treibhausgase aus der Nahrungsmittelindustrie verursacht, sind Viehzucht und -fütterung für rund 60% verantwortlich.

Die Futtermittelproduktion beansprucht weltweit nicht weniger als 80% der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Häufig werden Monokulturen von Mais oder Soja angebaut, die die Böden nachhaltig schädigen und wenig Lebensraum für Insekten bieten. Für die Produktion von 1 kg Rindfleisch werden 99,5 kg CO2 erzeugt, die erste vegetarische Speise im Negativranking ist Käse mit annähernd 23,9 kg CO2 pro kg.

Eine wissenschaftliche Studie schlug pflanzenbasierte Fleisch- und Milchersatzprodukte als Eckpfeiler gegen den Klimawandel vor 48. Gelänge es, 50 % der konsumierten tierischen Hauptprodukte (Schweinefleisch, Rindfleisch, Hühnerfleisch und Milch) auf pflanzliche Produkte umzustellen, könnten die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft bis 2050 um 31 % reduziert werden. Weiterhin würde man den Verlust von Wald- und Landflächen fast vollständig aufhalten. Würden wiedergewonnen Flächen aus einstigen Waldflächen aufgeforstet, könnte man den weiteren Verfall von Ökosystemen um 50% verringern. Zusätzlich würden so knapp ein Viertel des im Montrealer Klimaabkommen beschlossenen Landrückgewinns erreicht.

Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, dürfte jeder Mensch maximal 2 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr freisetzen. Fährt man 6.000 Kilometer mit dem Auto oder fliegt nach New York und zurück, hat man diese 2 Tonnen bereits überschritten.

2.) Möglichst auf Flüge verzichten und häufiger öffentliche Verkehrsmittel verwenden.

Für wen das keine Alternative darstellt, gibt es Möglichkeiten , den CO2-Ausstoß des eigenen Flugs zu berechnen und den entsprechenden Betrag direkt an klimaschützende Projekte zu spenden, um den eigenen CO2-Fußabdruck zu neutralisieren.

3.) Bei der eigenen Stromversorgung auf erneuerbare Energien setzen.

Damit kann ein Beitrag zur Erreichung des 1,5°C-Ziels des Pariser Klimaabkommens geleistet werden.

Gute weitere praktische Tipps sind zum Beispiel bei Klimafakten.de zu finden!

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Quellen

Das Titelbild stammt von Kelly Sikkema auf Unsplash.

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